Eine kulinarische Kindheitserinnerung

Kennst Du noch den klassischen Sonntagsbraten? Als ich Kind war, war das ein festes Ritual: Sonntags kam Fleisch auf den Tisch – und zwar möglichst ein Braten. Schließlich war Sonntag ein Feiertag und verdiente ein entsprechend feierliches Essen. Ein typisches Sonntagsessen in unserer Familie: geschmorter Rinderbraten mit Rotkohl, Salzkartoffeln und viiiel Bratensoße.
In kluger Voraussicht kochte meine Mutter gleich doppelte Portionen Rotkohl und Bratensoße. Vom teuren Fleisch gab es allerdings nur die einfache Portion für den Sonntag – für eine doppelte reichte das Geld nicht. So standen am Montag Salzkartoffeln mit Rotkohl und Bratensoße auf dem Speiseplan.
Wäre dieses Ensemble allerdings so auf den Tisch gekommen, hätten wir alle drei – mein Vater, meine Schwester und ich – garantiert gemeckert: Ein Essen, bei dem das Wichtigste fehlt? Kartoffeln mit Rotkohl sind – auch mit noch so guter Soße – doch nur Beilagen!
Meine Mutter hatte jedoch einen Trumpf im Ärmel bzw. in der Pfanne: Spiegeleier!
Diese Kombination – die auf den ersten Blick durchaus verwegen erscheint – fanden wir alle total lecker. Für meine Schwester und mich war es aber vor allem ein visuelles Highlight, wenn wir den Rotkohl und das Eiweiß zusammenschoben und sich das Weiß in ein Grünblau verwandelte!

Diese Faszination war wohl ähnlich der, die heute Schlumpfeis auf Kinder ausübt – farblich spielt es eindeutig in der gleichen Liga!
Die Wissenschaft hinter dem Farbwunder
Für diese spektakuläre Farbreaktion sind die roten Farbstoffe des Rotkohls verantwortlich – die Anthocyane. Sie geben Gemüse oder Obst wie Johannisbeeren oder Blaubeeren ihre rote bis blauviolette Farbe.
Das Besondere: Wenn diese Farbstoffe auf basische Lebensmittel treffen – und Eiweiß ist basisch – verwandeln sie sich in ein überraschendes Grünblau. Mit Rotkohl hast Du also einen natürlichen pH-Indikator direkt auf deinem Teller! Essig verstärkt beim Rotkohlkochen die rote Farbe (sauer), während basische Zutaten ihn ins Grünlich-Blaue wandern lassen.
Ich kann dir die Kombination aus Spiegelei und Rotkohl daher aus drei Gründen wärmstens empfehlen:
Sie ist lecker.
Sie ist günstig.
Du führst ein spannendes, chemisches Experiment durch – und isst es anschließend auf!
Schau dir gerne auch mein Video auf Instagram an, in dem ich die Farbveränderung festgehalten habe. Die Fotos hier im Blog zeigen dir den "Vorher-Nachher-Effekt" – und das Ganze selber auszuprobieren, macht noch mehr Spaß!
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